Auf dem Bock

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Selber schuld, dachte sie, ich hab`s auch nicht anders gewollt. Freitagabend, wenn sich die Menschen zurücklehnten, entspannten oder sich für ein spannendes Wochenende vorbereiteten, präparierte sie sich auf ihre ganz eigene Art und Weise, jeden Freitagabend kurz vor acht, pünktlich wie andere zur Sportschau oder Sonntagabends den Tatort schauten, ging sie die Treppen nach oben, schloß das ganz hinten links liegende Zimmer auf, den Schlüssel trug sie an einer kleinen Kette um den Hals, stets bei sich. Dieses war ihr Zimmer, hierhin zog sie sich zurück, hing alten Gedanken und nostalgischen Erinnerungen nach, hierin hatte sie die Dinge gesammelt, die ihr mal bundes porno wichtig waren, oder immer noch sind. Da lagen noch einige Spielsachen, ihr Puppenhaus aus Holz, damals vor 25 Jahren, als sie es zum Geburtstag geschenkt bekam, man was war sie da stolz gewesen! Daneben ihr kleiner Schreibpult, dann das Bücherregal, vollgepfropft bis oben hin, und staubig mal wieder, fiel ihr nebenbei auf. Komisch, ansonsten merke ich so etwas nie, aber freitagabends, da sind meine Sinne eigentümlich geschärft, na ja kein wunder, und da war es wieder, dieses süffisante Lächeln… Sie ging in die Ecke neben dem Regal, daneben stand ein seltsames Ungetüm, mit einer Plane abgedeckt, nur vier Holzfüße schauten unten etwas hervor. Sie zog dieses Gerät in die Mitte des Zimmers, nahm die Verseckung ab, ein alter Bock wie man ihn noch aus der Schulzeit her kannte, war`s, abgegriffenes Leder, aber immer noch stabil wirkend. Sie drehte die Heizung etwas auf und faltete die Plane zusammen und verstaute sie im Schrank. Sie wollte es jetzt ordentlich haben, der alte Bock wandelte sich in ihren Augen vom verstaubten Mobiliar zum Zentrum ihrer Gedanken. Sie dachte zurück, beinahe 20 Jahre, was hatte sie ihn da gehasst! Er stammte aus dem Turnsaal ihrer alten Schule, damals war er ihre Nemesis gewesen. Sie erinnerte sich an die Turnstunde, an die Reihe von Mädchen und Buben, die fröstelnd davor warteten, endlich an die Reihe zu kommen. Nacheinander rannten sie los, nahmen Geschwindigkeit auf , sprangen kurz vor dem Bock ab, mehr oder weniger kräftig oder grazil darüber hinweg, die Hände kurz aufgestützt, die Geschicktesten unter ihnen gaben sich dabei nochmals richtig Schwung und ab ging`s nochmals zwei oder drei Meter weiter. Alle meisterten diese Übung, alle bis auf sie. Es war nicht so, dass sie mal einen Sprung verhaute, oh nein es klappte kein einziger! Sosehr sie sich auch mühte, sie schaffte die Zeit des Absprungs nie genau zu timen, sie bekam Angst vor dem Absprung, sie war etliche male gestürzt, gegen den Bock geknallt und hatte sich Dutzende blaue Flecke und Prellmarken zugezogen. Aber es war weniger die Angst vor den Schmerzen als vielmehr die Vorstellung wieder zu versagen, das war es, was ihre Schritte lähmte. Für die anderen war es inzwischen das Highlight der Sportstunde geworden, wenn sie sich feixend ansahen und darauf warteten dass sie einem crash- test -dummie gleich mit angelegten Ohren in das Sportgerät raste, einmal sogar zu Fall brachte, johlte die Menge los und selbst der Sportlehrer konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er wäre nie auf die Idee gekommen, sie vom Sprung zu befreien, damals galt Leibesertüchtigung als bestes Mittel die Jugendlichen vor ihren Pubertätstrieben zu schützen. So sprang, stolperte, fiel sie Stunde für Stunde gegen das Gerät und begann es langsam aber sicher zu hassen.

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